
Monatelange Verhandlungen und der erste Warnstreik der Geschichte beim Entwicklungsdienstleister IAV bringen den Durchbruch. Es gibt mehr Geld. Die Kürzungen der Einstiegsgehälter sind vom Tisch. Management und Beschäftigte verbessern gemeinsam Prozesse und gestalten die digitale Zukunft von IAV.
4,3 Prozent mehr Geld rückwirkend zum 1. April, 300 Euro Einmalzahlung, ab Januar 2019 weitere 2,3 Prozent mehr. Nach monatelangen Verhandlungen gibt es ein Tarifergebnis bei der Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr (IAV).
Erstmals in ihrer Geschichte sind die Beschäftigten dafür in den Warnstreik getreten. An den Warnstreiks beteiligten sich 3600 Ingenieure und Techniker in Berlin, Chemnitz, Gifhorn, Ingolstadt, München und Sindelfingen – mehr als die Hälfte der Belegschaft der deutschen IAV-Standorte.
Der Tarifkonflikt bei IAV zog sich über mehrere Monate hin. Die Beschäftigten haben regelmäßig Druck gemacht. Jeden Freitagmittag gab es „Tariffreitag“-Kundgebungen vor den Toren.
Mehr Effizienz statt Kürzung der Einstiegsgehälter
Nach den Warnstreiks erzielten die in die Verhandlungskommission gewählten Kolleginnen und Kollegen gemeinsam mit der IG Metall schließlich in der vierten Verhandlung den Durchbruch. Ursprünglich wollte die Geschäftsleitung von IAV nur abschließen, wenn die IG Metall einer Kürzung der Einstiegsgehälter zustimmt. Ingenieure, die neu bei IAV einsteigen, sollten deutlich weniger verdienen.
Die IAV-Beschäftigten jedoch sind gegen jede Spaltung – in besser bezahlte altgediente Beschäftigte – und schlechter bezahlte jüngere. Das zeigten die Rückmeldungen, die die gewählte IG Metall-Tarifkommission bei IAV auf Betriebsversammlungen einholte.
Effektivitäts- und Effizienzprogramme unter Beteiligung der Mitarbeiter
Die Kürzung der Einstiegsgehälter ist nun vom Tisch. Allerdings kann IAV den Aufstieg in höhere Entgeltgruppen verlangsamen, als Beitrag der Belegschaft zur digitalen Zukunft im Tarifpaket „IAV+“. Im Gegenzug entwickelt das Unternehmen nun ein Effektivitäts- und Effizienzprogramm, wie von Betriebsrat und IG Metall gefordert. „Alle Prozesse und Entscheidungen kommen auf den Prüfstand, unter Beteiligung der Belegschaft“, erklärt der Verhandlungsführer der IG Metall Johannes Katzan. „Da muss IAV jetzt liefern, statt ausschließlich auf die Personalkosten zu schauen. Die Belegschaft ist nicht das Problem sondern Teil der Lösung.“
Mark Bäcker, Mitglied der IG Metall Tarifkommission und IAV Gesamtbetriebsratsvorsitzender, zeigt sich ebenfalls sehr zufrieden: „Wir werden IAV gemeinsam mit dem Management als Benchmark für Innovation und Fairness im digitalen Zeitalter gestalten. Der Tarifabschluss setzt dafür den Startpunkt und bringt wieder Motivation ins Team.“
Top mit Tarif – seit über 25 Jahren
Die IAV-Beschäftigten entwickeln komplette Systeme für Autohersteller weltweit, in eigenen IAV-Entwicklungszentren und eigenen Laboren. In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Beschäftigten verdoppelt, der Umsatz stieg von 375 auf 850 Millionen Euro. IAV gehört zu 50 Prozent dem Autobauer VW. Und seit über 25 Jahren hat IAV einen Tarifvertrag mit der IG Metall – und ist auch damit ein Vorzeigeunternehmen unter den Entwicklungsdienstleistern.